Chiptuning (TDI)

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Disclaimer: Ich versuche hier einen kleinen Überblick über die technische Seite des Themas Chiptuning zu schaffen. Das soll keine Schritt für Schritt Anleitung werden, ich werde auch keine Werte oder Kennfelder veröffentlichen. Solch eine Anleitung wird aber gegebenenfalls später folgen. Auch (Versicherungs-)Rechtliche Themen möchte ich, mangels fundierten Wissens, hier nicht besprechen.

Auch erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit und auch nicht auf hundert Prozentige Korrektheit - das hier ist mein Wissensstand, den ich mir über die Zeit angelesen und/oder ausprobiert habe.



Korrekturen, oder Ergänzungen bitte hier im Forum posten:

[vwbuswiki] TDI Chiptuning


Die Grundlagen

Tuning beim Dieselmotor ist eigentlich ganz einfach. Mehr Diesel = Mehr Drehmoment = Mehr Leistung. Bei den "alten" Saugdieseln, oder MSG-freien TDs dreht man dazu einfach die Dieselpumpe auf und hat mehr Drehmoment.

Ein Dieselmotor läuft mit Luftüberschuss, das bedeutet, bezogen auf die zu Verfügung stehenden Luftmasse wird weniger Diesel eingespritzt, als für eine vollständige Verbrennung notwendig wäre. Es bleibt nach der Verbrennung also Sauerstoff übrig. Der Restsauerstoff wird vom Katalysator benötigt, um Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe zu oxidieren.

Für eine vollständige Verbrennung (alle Sauerstoffmoleküle werden verbraucht und aller Kraftstoff wird verbrannt), bräuchte man für 1 kg Diesel 14.5 kg Luft. Diese Verbrennung würde aber enorm viel Ruß produzieren. Fügt man mehr Luft hinzu (oder weniger Diesel), dann verbessert sich das Rußbild, bis bei ungefähr 17-18 kg Luft pro 1 kg Diesel, kaum noch eine Rauchwolke sichtbar ist. Der ACV verbrennt unter Volllast 1 kg Diesel mit über 20 kg Luft.

Erhöhe ich also die Dieselmenge (Einspritzmenge), ohne die Luftmenge (Ladedruck) zu erhöhen, erkaufe ich die Mehrleitung mit schlechteren Abgaswerten und Ruß.

Zusätzlich steigt die Verbrennungstemperatur, wenn man die Einspritzmenge erhöht.

Genau nach diesem Prinzip funktionieren die meisten Tuningboxen und das sog. 10ct-Tuning; der Rückgabewert des Mengenstellwerks der Einspritzpumpe wird reduziert, sodass das Motorsteuergerät die Pumpenspannung (und somit die Einspritzmenge) um eben diese Reduktion erhöht.

Warum das nicht unbedingt "sauber" ist, wird später noch geklärt. (Funktionieren tut das aber!)

Der TDI

Tuning beim TDI-Motor ist noch ein wenig einfacher, da man nicht mal mehr an der Mengenschraube der Pumpe drehen muss, sondern "nur" die Software (Kennfelder) des Motorsteuergeräts ändert. Bei den T4 ab MJ2000 muss dafür nicht mal das Motorsteuergerät ausgebaut werden, da das EDC15 Steuergerät über die OBD-Dose ausles- und beschreibbar ist. Chiptuning ist bei den älteren TDIs mit dem MSA12 und MSA15 aber natürlich auch möglich. Es ist nur von der Vorbereitung etwas aufwändinger.

Mehr zu den Details folgt später an anderer Stelle.


Nun aber zum Chiptuning...

Einspritzmenge

Um mehr Drehmoment (und mehr Leistung) zu erreichen, müssen wir folglich die Einspritzmenge erhöhen. Um das zu tun, hilft es zu wissen, wie das MSG grob arbeitet.

An erster Stelle steht das Gaspedal, hiermit gibt der Fahrer seinen (Einspritzmengen-)Wunsch vor. Dieser Wunsch wird aber nicht 1:1 an die Einspritzpumpe weitergegeben, vorher wird der Wunsch noch "geprüft". So prüft das MSG ob für die gewünschte Einspritzmenge überhaupt genug Luft zu Verfügung steht (Grund: siehe oben). Dafür gibt es den Luftmassenmesser, der wie der Name schon sagt, die Luftmasse misst. Reicht die Luftmasse nicht aus, wird der Einspritzmengenwunsch entsprechend reduziert.

Darüber hinaus wird geprüft, ob die gewünschte Einspritzmenge (und somit das gewünschte Drehmoment) schädlich für den Antriebsstrang (ZMS, Kupplung, Getriebe, Antriebswellen, etc.) ist. Hierzu gibt es ein Kennfeld, das einer bestimmten Drehzahl eine maximale Einspritzmenge zuordnet. Liegt der Wunsch darüber, dann wird nur diese maximale Menge freigegeben. Liegt der Wunsch darunter, logischerweise nicht.


Das ist der grobe Ablauf im MSG. Im Detail passiert natürlich noch mehr, aber für das Verständnis reicht es.

Ladedruck

Da nur die Erhöhung der Einspritzmenge zu einer starken Rußentwicklung führt, erhöht man den Ladedruck (und somit auch die Luftmasse), damit das Luft-Kraftstoff-Verhältnis wieder in den Rauchfreien/Raucharmen Bereich wandert.

Der Turbolader kann aber auch nicht zaubern, unterhalb einer bestimmten Drehzahl liefert der Turbo kaum bis gar keinen Ladedruck und das kann auch nicht erhöht werden. Es fehlt dann einfach noch an Abgasmenge, um die Turbolader-Turbine auf Drehzahl zu bringen.

Unbegrenzt viel Ladedruck kann der Turbolader aber natürlich auch nicht liefern, irgendwann würde der Turbolader überdrehen; also die Turbolader-Turbine würde sich schneller drehen, als sie kann/darf/sollte.


Der Ladedruck wird beim T4 durch drei Kennfelder bestimmt/begrenzt.

Die Kennfelder

Im Motorsteuergerät gibt es viele verschiedene Kennfelder. Einige davon sind relevant, von einigen lässt man besser die Finger und wieder andere sind für das Chiptuning uninteressant.

Die - meiner Meinung nach - wichtigen Kennfelder:

  • Fahrerwunsch/Driver wish
  • Rauchbegrenzer/Smoke limiter
  • Drehmomentbegrenzer/Torque limiter
  • Ladedruckanforderung/Boost target
  • Ladedruckbegrenzung/Boost limiter
  • Einzelwert-Ladedruckbegrenzung/Singe value boost limiter


Weitere Kennfelder:

  • Pumpenspannung/Pump voltage
  • Einspritzbeginn/Start of injection


Darüber hinaus gibt es wie gesagt noch viele weitere Kennfelder, Temperaturkompensation von Gebern, Startmenge, Leerlaufdrehzahl, usw. Diese sind für den ersten Überblick irrelevant.

Fahrerwunsch

Das Fahrerwunschkennfeld gibt die Wunschmenge in Abhängigkeit der Gaspedalstellung und aktueller Motordrehzahl eine Einspritzmenge vor. Serienmäßig ist dieses Kennfeld bereits sehr hoch angesetzt, das bedeutet, die hier vorgegebenen Werte (bei 100% Gaspedalstellung) werden durch weitere Kennfelder noch reduziert und somit nie 1:1 an die Pumpe weitergegeben.

Rauchbegrenzer

Der Rauchbegrenzer, oder auch Smoke Limiter genannt, gibt eine maximale Einspritzmenge in Abhängigkeit zur aktuellen Luftmasse und Motordrehzahl vor.

Bei maximaler Luftmasse liegt der höchste Einspritzmengenwert aber bereits 25% unter dem maximalen Fahrerwunsch. Serienmäßig begrenzt der Rauchbegrenzer das Luft-Kraftstoff-Gemisch auf maximal 20:1 (also 20 kg Luft bei 1 kg Diesel). Meist ist der Wert aber noch höher, je nach Drehzahl und Luftmasse sind es 25:1, bis hin zu 30:1.

Hier liegt also erstes Potential, das Gemisch kann in Richtung 18:1 angepasst werden, allerdings mit beginnender Rauchentwicklung.

Drehmomentbegrenzer

Der Drehmomentbegrenzer begrenzt die Einspritzmenge in Abhängigkeit von der aktuellen Drehzahl. Weniger Einspritzmenge = weniger Drehmoment.

Hier wird am T4 am meisten "beschnitten", der Drehmomentbegrenzer ist sehr "zahm". Das ist auf der einen Seite gut so, denn Kupplung, ZMS und das Getriebe freuen sich darüber, da sie weniger stark belastet werden. Auf der anderen Seite kostet es Drehmoment und Leistung.

Erfahrungsgemäß können Kupplung, ZMS und das Getriebe deutlich mehr ab (auch dauerhaft), also können hier die Werte angehoben werden.

Ladedruckanforderung

Hier wird, in Abhängigkeit von der aktuellen Motordrehzahl und angeforderten Einspritzmenge ein Ladedruck-"Wunsch" erzeugt. Auch hier lauert Potential, die serienmäßige Anforderung ist mal wieder sehr zahm (was gut für die Lebensdauer der Komponenten ist) gewählt.

Ladedruckbegrenzung

Wie der Name schon sagt, wird der Ladedruckwunsch hier ggf. reduziert. Dieses Kennfeld reduziert je nach Luftdruck (also Umgebungsluftdruck) und Drehzahl die Ladedruckanforderung. Über den Umgebungsdruck lässt sich die Höhe über normal Null ermitteln. In großen Höhen herrscht weniger Luftdruck, die Luft in dünner. Der Turbolader müsste für den selben Ladedruck deutlich schneller drehen und könnte dadurch Schaden nehmen. Daher wird bei geringerem Luftdruck den Ladedruck abgesenkt (und über den Rauchbegrenzer dann auch die Einspritzmenge)

Einzelwert-Ladedruckbegrenzung (SVBL)

Neben dem oben genannten Begrenzungs-Kennfeld, gibt es noch die Einzelwertbegrenzung (single value boost limiter / SVBL). Dies ist eine einzelne Zahl, die von nichts anderem abhängt. Die Ladedruckanforderung wird immer auf diesen Wert begrenzt.

Das bedeutet, wenn man die (Ladedruck-)Anforderung und das Begrenzungskennfeld anpasst (also erhöht) und den SVBL nicht anpasst, dann wird der Ladedruck letztlich kaum erhöht.

Pumpenspannung

In den Kennfeldern der Einspritzmenge stehen Mengenwerte. Die VP37 (Verteilereinspritzpumpe) kann mit einem Mengenwert aber nichts anfangen. Das Mengenstellwerk benötigt eine Spannung anhand derer der Regelschieber bewegt wird, der letztlich die eingespritzte Menge einstellt.


Dieses Kennfeld übersetzt daher die Einspritzmengen (in Abhängigkeit der Motordrehzahl) in einen Spannungswert. Hier verstellt man normalerweise nichts!

Nur wenn man größere Einspritzdüsen, oder einen anderen Hochdruckteil verbaut, muss dieses Kennfeld angepasst werden. Das ist aber alles andere als trivial.

Einspritzbeginn

Damit der Diesel rechtzeitig im Brennraum ankommt - rechtzeitig bedeutet: nicht zu früh, damit die Explosion den noch hoch laufenden Kolben bremst und auch nicht zu spät, damit die Explosion dem bereits runter laufenden Kolben hinterherläuft, muss die Einspritzpumpe bereits vor dem oberen Totpunkt (OT) des betreffenden Zylinders anfangen einzuspritzen. Die Druckwelle des Kraftstoffs braucht eine gewisse Zeit, um von der Pumpe, über die Einspritzleitungen und die Düsen in den Brennraum zu laufen. (Spritzverzug)

Diese Zeit ist immer gleich, bei höherer Drehzahl muss also früher mit der Einspritzung angefangen werden, damit der Kraftstoff rechtzeitig im Zylinder ist.


Zusätzlich zum Spritzverzug kommt noch der Zündverzug, also die Zeit, die vergeht, bis der eingespritzte Kraftstoff auch gezündet hat. Auch dieser Verzug ist mehr oder weniger gleich lang, also muss bei höheren Drehzahlen früher begonnen werden.


Als weiterer Faktor kommt die Einspritzmenge hinzu. Die Bohrungen der Einspritzdüse haben einen festen Durchmesser, will man also mehr Menge einspritzen, dauert dies länger (als bei einer geringeren Menge).

Daher muss man bei höheren Menge früher anfangen, damit - extrem gesagt - der Kolben nicht schon nach unten läuft, wenn die Einspritzdüse fertig eingespritzt hat. Zu früh darf man aber auch nicht anfangen, da man sonst den hoch laufenden Kolben bremst.


Auch an dieses Kennfeld sollte man erstmal nicht gehen. Es ist serienmäßig schon für höheren Mengen ausgelegt, als tatsächlich eingespritzt werden. Man kann also durch Anpassung des Ladedrucks, des Drehmomentbegrenzers und des Rauchbegrenzers schon eine ordentliche Mehrleistung erzielen, bevor man den Einspritzbeginn auch verändern muss.


Diverses

Warum ist aber jetzt eine Tuning-Box unsauber? Nun, zum einen, da nur die Dieselmenge erhöht wird, nicht aber der Ladedruck. Also verschlechtert sich das Rußbild. Zum anderen wird der Einspritzbeginn nicht an die höhere Menge angepasst. Da das MSG "denkt", es würde weniger eingespritzt, beginnt die Einspritzung "spät" (also rechtzeitig für die geringe Menge). Da die Einspritzmenge durch die Box aber erhöht wird, ist der Einspritzbeginn etwas zu spät. Es kann nicht das volle Potential der Mehr-Menge ausgenutzt werden, da ein Teil dem Kolben schon "hinterherläuft" und somit einfach verpufft.

Ein weiteres Problem ist, das die Tuning Box den Notlauf negativ beeinflusst. Denn auch im Notlauf bleibt die Einspritzmenge mit Tuning-Box erhöht, während sie mit einem Chiptuning verringert wird.

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