Heckauszug Deluxe
Kleine Doku: Heckauszug Deluxe (Akim)
Moin Forianer!
Ich möchte euch nun meinen vor kurzem fertig gestellten Heckauszug vorstellen:
Im Vornherein: Tut mir Leid, dass ich keine Stück-für-Stück Foto-Doku gemacht habe. Wollte ich zuerst, habe es dann aber irgendwie sein lassen, weil sich das Projekt ewig hingezogen hat... Eigentlich Schade, aber naja.
Erste Gedankengänge:
Seit längerem war ich mit der Idee schwanger gegangen, mir einen Heckauszug zu bauen, wie ihn schon einige Mitglieder hier im Forum selbst gebaut haben bzw. wie es ihn bei Reimo im Zubehör zu kaufen gibt. Im Kofferraum herrschte chronisches Chaos, beim Camping mussten Curver-Kisten andauernd umständlich herumrangiert werden, also höchste Zeit...
Klar war von Anfang an, dass es etwas außergewöhnliches, nicht kaufbares, individuelles Utensil werden sollte.
Da ich nach der Bundeswehr in einer (Möbel-) Tischlerei anfing zu arbeiten, bot sich dann die Möglichkeit nach Feierabend in der Werkstatt weiter zu arbeiten und den Heckauszug nebenbei zu bauen.
Planungsphase:
Einfach einen großen Schubkasten bauen und die Auszüge mit Winkeln im Auto befestigen...? Ne, auf keinen Fall, da muss was stabiles und formschönes her! Also an's Planen für einen großen Korpus, der zwei Schubkästen beinhaltet, gemacht.
Zuerst ging's an's Ausmessen des Kofferraums:
- Wie breit bzw. tief darf der Korpus sein, welches ist das optimale Verhältnis zwischen Breite und Tiefe?
- Letztendlich kam ich nach dem Zuschneiden diverser Schablonen und einiger Rechnerei zu einem Maß von 101x107cm (BxT).
- So ist der Korpus so breit wie möglich, ohne die Metall-Halter des Multivan-Heckbretts zu berühren und liegt hinten an den Laufrollen der Sitzbank an.
- Die Höhe des Korpus wird durch die Unterkante der Sitzbank und des Heckbretts limitiert. - Hier muss man also Korpus und Schubkasten gleichermaßen ausklinken, um den Platz optimal nutzen zu können.
Weiter ging's mit der Suche nach dem perfekten Material für Korpus und Schubkästen:
- Waggon-Platte ist zwar stabil, aber unansehnlich. - Spanplatte ist empfindlich gegen Feuchtigkeit, also fällt das auch raus.
- Massivholz wäre mein persönlicher Traum gewesen, aber aus Kosten- und Gewichtsgründen nicht zu realisieren gewesen.
- Letztendlich bin ich bei Multiplex in Buche und Ahorn hängen geblieben: Extrem stabil und resistent gegen alle erdenklichen Qualen, die der Heckauszug ausgesetzt sein wird. Der Nachteil ist hier der ebenfalls nicht unbeträchtliche Preis.
Weiter ging's mit den Auszügen. Es sollten stabile Schwerlastauszüge sein, die mindestens 100kg Nennbelastbarkeit aufweisen und auch min. 100cm lang sind. Fündig geworden bin ich dann bei Würth, das diverse Kleinmaterial wie Schrauben, Leim, Flachdübel/Lamellos stammt auch von Würth, aber dazu schreibe ich unten mehr in einer Materialliste.
Umsetzung bzw. "Los geht's!":
Nach der Planung und dem Beschaffen des Materials ging's dann an die Umsetzung. Also ein frisch geschärftes Ablängblatt auf die Formatkreissäge und los ging's.
Zuerst alle benötigten Teile für den Korpus zugesägt. Deckel und Boden sind aus 16mm Multiplex Buche geschnitten, die drei Stege aus 22mm Multiplex Ahorn. Dann Rundung mit der Oberfräse an den Deckel gefräst und ab zum Lackieren. Hier habe ich mich für belastbaren Klarlack entschieden. So bleibt das Holz in all seiner Schönheit erhalten und man muss keinen hässlichen Bootslack nutzen. Insgesamt wurde jede Seite 3x mit entsprechendem Zwischenschleifen lackiert. Alle Teile wurden anschließend mit der Hilfe von Flachdübeln/Lamellos und Lackleim verleimt. Der Boden wurde zusätzlich mit Schrauben 4x50 mit Fräskante verschraubt, der Deckel nicht, damit keine Schrauben zu sehen sind. Aufpassen, dass der Korpus nicht windschief wird...
Nachdem der Korpus fertig war ging's nun an das Zuschneiden für die beiden Schubkästen. - Im Korpus nochmal exakte Maße genommen, die Dicke der Schubkastenblende eingerechnet und ebenfalls zugeschnitten. Als Material habe ich ausschließlich 22mm Multiplex Ahorn benutzt, so halten Schubkästen und der ganze Korpus an sich auch einen direkten Bombentreffer aus. Geht zwar zu Lasten des Gewichts, aber über mangelnde Stabilität ärgert man sich am Ende nur. Während der Korpus eckig ausgeklinkt ist, habe ich bei den Schubkästen eine Rundung gewählt, das sieht meiner Meinung nach einfach besser aus. An die Schublästen wurde oben per Oberfräse eine dezente Phase gefräst, so erscheinen sie "weicher" und sind in der Haptik angenehmer. Danach kam das gleiche Spiel wie beim Korpus. Also 3x Klarlack inkl. Zwischenschleifen drauf, anschließend wieder mit Lamellos und Lackleim verleimen, von unten wieder mit 4x50 Schrauben zusätzlich verdeckt verschraubt.
Nun kam der erste Moment der Wahrheit, die Schubkästen mussten also exakt in den Korpus passen.- Alles passte (zum Glück) soweit! Nun wurden mit 4x20 Schrauben die Schwerlastauszüge in Korpus und Schubkasten geschraubt und die Schubkästen konnten das erste Mal "Probe rollen". - Kurz einige Feineinstellungen und alles lief wie geschmiert.
Nach wiederholtem exaktem Maß nehmen wurden die Schubkastenblenden aus 22mm Multiplex Ahorn zugeschnitten, zusätzlich als Abdeckung des Korpus unter der Sitzbank 5mm starkes Sperrholz, um die Schubkästen auch dort vor Staub zu schützen. An die Schubkastenblenden wurde ebenfalls eine Phase gefahren, danach ebenfalls wieder lackieren und sie wurden anschließend vom Inneren des Schubkastens her angeschraubt.
Schlussendlich ging es an die Frage des Öffnens: Zuerst dachte ich an ausgeschnittene Griffmulden für die Schubkästen. Da diese Griffmulden aber dazu neigen, schnell schmuddelig zu werden, habe ich mich für Edelstahl-Griffe entschieden, wie sie sonst in Massivholzküchen gebräuchlich sind. Die wurden von Innen durch vordere Schubkastenwand und Schubkastenblende hindurchgeschraubt.
Moment der Wahrheit:
Nach Fertigstellung kam's dann zur Final Destination, also rein damit in den Bus und gucken wie genau man gearbeitet hat bzw. ob's überhaupt passt. Nach kurzer Schrecksekunde passte dann alles wie angegossen, keine überflüssigen Räume und auch nicht zu eng.
Frisch eingesetzt:
Nahansicht von Oben:
Direkte Frontansicht:
Einen Schubkasten geöffnet:
Beide Schubkästen ausgezogen:
Nahansicht Ausklinkung Schubkasten:
Mit Multivan-Heckbrett, zwischen Korpus und Brett 3mm Luft:
Materialliste:
Hier nun die Materialliste
- 2x Schwerlastauszüge 100kg / 1.000mm Länge / Würth --> ca. 172 Euro
- 2x Edelstahlgriffe --> ca. 30 Euro
- ca. 6qm Multiplex --> ca. 200 Euro
- Kleinmaterial: Schrauben (4x50 u. 4x20), Lack, Lackleim, Lamellos --> ca. 10 Euro
Wie zu sehen beträgt allein der Materialpreis über 400,- Euro, also kein günstiges Vergnügen, dafür hat man dann aber etwas für die Ewigkeit. Das Multiplex hält in 22mm Stärke auch schwerste Belastungen aus und die Schwerlastauszüge sind ebenfalls Hardcore-getestet. Im Belastungstest müssen sie mit 125kg Belastung, also 25% Überbelastung, auch nach 20.000x Öffnen/Schließen noch einwandfrei laufen...
Werkzeug:
Das Werkzeug ist eigentlich ausschließlich Profigerät:
- Formatkreissäge: Altendorf F45
- Bandschleifer: SCM
- Handbandschleifer, Akkuschrauber, Oberfräse, Stichsäge: Festool
- Exzenterschleifer: Bosch Professional
- Lackierpistole: SATA
- Kleinmaterial: Schleifpapier 100/150/220/400 Körnung
- Schraubzwingen: mind. 10x 600mm Zwingen
Arbeitszeit:
Genaue Angaben kann ich wohl nicht mehr machen, da sich das gesamte Projekt nun über ca. 12 Wochen erstreckt hat. Ich gehe aber von mind. ca. 50 Arbeitsstunden aus, Planung nicht mit inbegriffen. Insbesondere das Schleifen, Anpassen, Lackieren inkl. Zwischenschleifen usw. verschlingt sehr viel Zeit. Dafür lässt sich dann aber das Endprodukt auch sehen.
Fazit:
- Ich bin mit meiner "Kreation" sehr zufrieden. - Ist genauso geworden, wie ich es mir am Anfang vorgestellt habe.
Wenn man die Materialkosten und die Arbeitszeit sieht, scheint das Ganze etwas Irre zu sein, aber letztendlich bin ich auch etwas stolz drauf, etwas ganz persönliches geschaffen zu haben.
- Ich denke, dass die Konstruktion aus Korpus und zwei Schubkasten wohl mehr oder minder einzigartig ist.
Da der Korpus nicht mit dem Wagen in irgendeiner Form verschraubt ist, kann man die gesamte Konstruktion problemlos in jeden Multivan einbauen, vorausgesetzt der Kofferraum ist nicht schon durch Verstärker, Gastank o.ä. besetzt. Habe also gleich vorausschauend geschraubt.
Ich hoffe das Endprodukt gefällt. - Über Kommentare jeder Art freue ich mich. Vielleicht gibt meine Beschreibung ja schon Denkanstöße für eure Heckauszüge.
Grüße, Johannes
Update 04.11.09:
Gute fünf Monate später kann ich endlich das längst überfällige Update einpflegen. Anfang August habe ich an meinem neuen Arbeitsplatz angefangen zu arbeiten, vorher der Umzug, danach die Einarbeitungsphase und das Zurechtfinden in neuer Umgebung. Das alles hat mich voll und ganz gefordert und ich war dadurch in den vergangenen Monaten im Forum kaum aktiv. Für mich persönlich gehen diese privaten Angelegenheiten aber klar vor und würde diese immer wieder vorne ranstellen. - Daher bitte ich euch um Verständnis, dass das Update so lange auf sich hat warten lassen. Mittlerweile finde ich wie gesagt wieder etwas Zeit und möchte deshalb diesen Eintrag etwas weiter vervollständigen.
Erster Praxisbericht:
Ich habe den Heckauszug jetzt gute fünf Monate im Auto und bin bis auf Kleinigkeiten ganz zufrieden damit. Für den Alltag ist er super, Einkäufe lassen sich gut verstauen oder auch mal eine Jacke und ein paar Winterstiefel. Alles kein Problem, nichts fliegt unkontrolliert im Wagen herum. - Die Qualität ist auch super, Heavy-Duty ist hier Programm, bis jetzt konnte ich noch keine Schwachstellen erkennen. Im Camping-Einsatz konnte ich den Auszug noch nicht testen, da ich im vergangenen Sommer leider nicht mehr die Gelegenheit dazu hatte, in Hinsicht auf meine neue Arbeitsstelle habe ich auf einen Urlaub verzichtet. Dies wird aber hoffentlich dann 2010 ausgiebig nachgeholt. - Mehrere Wochen Skandinavien sind in Langzeitplanung, was letztendlich daraus wird muss man sehen...
SketchUp-Zeichnungen:
Kuli/Andreas fragte mich nach SketchUps des Heckauszugs, die ich leider nicht hatte. Er stellte sich netterweise zur Verfügung diese nach meinen handschriftlichen Konstruktionsskizzen am PC zu erstellen. So habt ihr die Möglichkeit den Heckauszug detailgetreu nachzubauen, sollte Interesse dazu bestehen. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Kuli/Andreas!
Korpus:
Schubkasten:
Gesamtansichten:
Sollte jemand Interesse daran haben anstatt zwei kleinen einen größeren Schubkasten bazen zu wollen, gibt es auf Grundlage des Korpus auch hierfür eine Lösung.
Einteiliger Schubkasten:
Ich hoffe die Ergänzungen sind für euch hilfreich und sie verbessern diese kleine Dokumentation zum Bau des Heckauszuges. Sollten weiterhin noch Fragen oder Anregungen im Raum stehen, dann immer raus damit.
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Grüße, Johannes