Wobstock 2007
Wobstock 2007 eine Hintergrundstory
Kapitel 1
Neue Freundschaft
Sommer 2006 auf Römö, Maxi Graumaus war trotz seiner altersbedingten Arthrose guter Dinge, denn die Brüder aus der Gilde der Bullimäuse, nördlicher Bezirk, unter Führung von Dirk Leuchtmaus hatten ihn und seine Süssmaus, eingeladen am jährlichen Drachenfest teilzunehmen. Es waren eine Menge neuer Mäuse dabei, u.a. die Ergermaus, Hasimaus, Lelomäuschen und viele andere. Am Ende des Treffens telefonierte die Leuchtmaus mit der großen Doppelmaus, die sich gerade auf Urlaub, im schönen Dänenmausland befand, und fragte nach, ob er für das nächste Wochenende eine etwas zerzauste Stadtmaus mitbringen könne. Da die Doppelmaus von Natur aus sehr gutmütig ist und immer nur das Beste von anderen Mäusen denkt, war die Einladung perfekt. Bei klarer Luft und gutem Essen verbrachten die Mäuse ein herrliches Wochenende zusammen. Man konnte sich auf Anhieb gut riechen.
In den folgenden Monaten hörte man nicht viel von einander. Die Graumaus war schwer angeschlagen und musste seine alten Knochen beim Prof. Mausmacher operieren lassen. Während der anschließenden Rehabilitation hatte unsere Graumaus viel Zeit zum Lesen, hauptsächlich dadurch das sie immer noch nicht schlafen konnte. Und so ergab es sich, das er von seinem neuen Freund Doppelmaus mitbekam, dass der die Idee hatte, ein Mäusetreffen der Bullimäuse in der Bullistadt zu organisieren. Mein Gott, dachte sich die Graumaus, die einiges an Erfahrung auf diesem Gebiet hat. Der ist ja völlig bekloppt, schoss es dem Mäuserich durch den Kopf. Der hat bestimmt keine Ahnung was da auf ihn zukommt. Sei es drum, du kannst ja gut Brüllen und mit dem Trommeln ist es auch noch ganz gut. Dann hilfst du mal ein bissle nach! Gesagt, getan, die Nächte waren immer noch lang und das lenkt ganz gut von den Schmerzen ab. Graumaus trommelte was das Zeug hielt und sehr schnell wurde klar, das die Geister die man rief, das übliche Interesse bei den Bullimäusen zu übersteigen drohte. Es war an der Zeit zu telefonieren: Irgendwann, zwischen Abendbrot und Tagesschau, telefonierten die beiden Mäuse. Neben dem Hallo und wie geht’s dir, kam man schnell auf den Punkt.
Die Doppelmaus erzählte von seiner Idee, nicht nur ein Treffen zu organisieren, sondern vielmehr einen Besuch im Bullimuseum damit zu verbinden. Außerdem wäre es doch Klasse die repräsentativen Hallen der Ratcity gleich mit zu besichtigen. Doppelmaus hatte bereits erste Kontakte zu den Verantwortlichen in der Ratcity und im
Bullimuseum geknüpft. Eigentlich eine gute Idee, dachte sich die Graumaus, nur alles an einem Tag und dann noch die An- und Abreise. Ob sich der Aufwand wohl lohnen würde? Ok, was soll’s, du hast schon wildere Sachen gemacht, dachte sich die Graumaus und sagte seine Teilnahme zu. Im Hinterkopf schmiedete er bereits Strategien, wie er seine Süssmaus von dem Plan überzeugen könne. Dann berichtete er von seinen Erfahrungen bei den Minimäusen. Dort ist die Graumaus als Moderator tätig und hat das Treffen der Miniasten mit über 300 Kleinstrollern an der Düssel organisiert. Schnell war klar, das es mit einem Aufruf nicht getan sein wird. Die Logistik musste stimmen, zumal die Mäuse aus allen Teilen der Bundesrepublik Mausland dorthin kommen würden. Schnell war klar das die beiden auf der selben Frequenz funkten und man gut miteinander können würde. Im Hintergrund grummelten bereits die „Süßen“, ob des langen Gespräches. Die kuschelige Nachtruhe unter der Decke war damit gelaufen – und es sollten noch viele weitere Folgen! Wir könnten doch in Kolonne fahren! Diese Ansage stand plötzlich im Raum. Daraufhin meldeten sich einige rechtsbewanderte Mitglieder und gaben zu bedenken, dass Kolonnenfahrten ohne Genehmigung doch verboten seien. Das ist was dran, dachten sich die beiden, wollten aber von dem Gedanken nicht ablassen. So wurde das Kind kurzerhand in Konvoi umgetauft.
Doppelmaus hatte bereits mit Hannomaus einen Helfer, der ihn bei der Erstellung der Karten tatkräftig unterstützen wollte. Damit konnten die Rollen erst einmal verteilt werden. Es ergab sich wie von selbst. Das Hannomaus sich auf den Verkauf und die Karten konzentrierte war klar, zumal man bis zur letzten Sekunde mit Änderungen zu rechnen hatte, was dann auch eintrat. Einige Mäuse aus der Gemeinde boten Ihre Hilfe an, was auch gern angenommen wurde. So entstand sehr schnell ein Team, in dem jede Maus ihren Bereich beackerte. Wider erwarten gab es in der ganzen Zeit so gut wie keine Verständigungsschwierigkeiten, obwohl alle 3 in unterschiedlichen Orten ihre Heimat hatten. Regelmäßige Telefonate und ein Rat hier, ein Hinweis da, und es lief perfekt. Doppelmaus lies allen bei der Umsetzung freie Hand und konzentrierte sich darauf die Teilnehmer zu betreuen und die Verabredungen mit den artverwandten, aber wesentlich größeren und mächtigeren Ratten in der Bullistadt zu konkretisieren. Die Verabredungen mit der Museumsratte und der Blonden aus der Ratcity verliefen außerordentlich vielversprechend und man sagte der Doppelmaus die volle Unterstützung zu. Das Wetter wurde immer wärmer und die Mäuse dachten schon daran, ob man nicht vielleicht auf einem Campingplatz übernachten sollte. Dies ist im übrigen einer der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen im Mäuseland.
Mit der Temperatur stieg auch die Hitze in den Gemütern der Mausschaft. Während sich die einen unbändig auf das bevorstehende Ereignis freuten, machten andere in demonstrativem Desinteresse. Der Zug rollte und war nicht mehr aufzuhalten. Es ging in die heiße Phase! Unter den Mäusen entstand ein regelrechter Hyp. Jede wollte dabei sein. Die Doppelmaus war nun vollzeitig damit beschäftigt, alle Anmeldungen geordnet auf die Reihe zu bekommen. Mehrmals musste die Frage der Verpflegung, die im übrigen für Mäuse sehr sehr wichtig ist, neu überdacht werden. Letztlich sagte die Verwaltung der Ratcity zu, dass die Mäuse in ihrem größten Restaurant exklusiv verpflegt werden sollen. Dort wäre dann ein Buffet vorhanden und für die Feierstunde mit Lautsprechern und Tischen würde gesorgt werden. Letzteres beruhigte Graumaus ungemein. Somit war ein wichtiges Teilstück geregelt. Dachte die Maus jedenfalls. Hinter den Kulissen hatten sich die Nordmäuse darüber verständig der Doppelmaus und seiner „Liebsten“ eine Überraschung zu bereiten. Ohne das die Doppelmaus etwas davon wusste herrschte ein reger Postverkehr zwischen den Beteiligten. Man einigte sich schließlich auf ein Geschenk für beide, welches dann die Graumaus bei der Feier überreichen sollte. Damit wurden auch die Thüringer Kugelmäuse mit ins Boot geholt. Die Idee kam so gut an, das Majamaus sich entschloss, eine eigene Kollektion zu entwerfen und der Mausgemeinde anzubieten. Graumaus war Anfangs dagegen, weil es ja geheim bleiben sollte. Letztlich war
er den Charme der Majamaus erlegen und das war gut so. Die Mausshirts wurden gekauft wie verrückt. Angesichts des übergroßen Interesses musste das Programm mehrmals angepasst werden. Die Koordination mit der Museumsratte lief hervorragend. Letztere mobilisierte alle ihre Mistreiter und verdonnerte sie zum Wochenenddienst. Graumaus hatte die Aufgabe die Wägelchen der Mäuse auf dem Museumsparkplatz zu verstauen. Da er jedoch nur eine schlechte Luftaufnahme vom Geheimdienst zugespielt bekam, war es lange nicht klar, ob dies alles so klappen würde. Erst als die Zaudermaus und die Pflegemaus dort vor Ort das Terrain in Augenschein nahmen war klar, das lediglich 88 Wägelchen hätten kommen dürfen. Vollends in Panik machte sich die Graumaus daran, anhand der Fotos, welche die Zaudermaus besorgt hatte, höchst komplizierte Berechnungen anzustellen, wie das Problem zu lösen sei, da ja bereits jetzt abzusehen war, dass der von der Doppelmaus erstellte Zeitplan überhaupt nicht einzuhalten war. Graumaus erfuhr von der Museumsratte, das der Plan das zweite Tor zu öffnen, um alle Mäuse schnell unter zu bringen, daran scheitern könnte, dass der Schlüssel für das Tor verloren gegangen sei und das Tor seit Jahren nicht mehr genutzt wurde. Alle Mühe umsonst, dachte die Graumaus, die gerade allen Mäusen mitgeteilt hatte, wie die Anfahrt zu bewerkstelligen sei. Viele hektische Telefonate waren nötig, bis der Schlüssel letztlich gefunden wurde und das Tor mittels einer Ölkanne in einen benutzbaren Zustand versetzt wurde.
Damit konnte dieser Teil zur praktischen Durchführung an die Funkmaus abgegeben werden. Die Funkmaus stellte dafür ein eigenes Team zusammen und versprach dies alles exakt nach Vorgabe umzusetzen, was für ihn kein Problem sei, da er ja ohnehin die beste Funkausrüstung habe und noch Videoaufnahmen machen wollte. Maxi Graumaus war erleichtert. Mittlerweile telefonierte er täglich mehrmals mit der Doppelmaus.
In der Zentrale in Mauseburg wurde es mittlerweile richtig hektisch. Die Anmeldungen überschlugen sich. In einem Telefonat einigten sich Graumaus und Doppelmaus darauf, dass der Anmeldeschluss vorverlegt werden muss. Die Umstände ließen einfach nicht mehr zu. Grund dafür war in erster Linie der Parkplatz und das fehlende Rattenpersonal im Museum. Der Parkplatz war
inzwischen von 88 auf 149 möglichen Wägelchen umfunktioniert worden und alle Sicherheitsvorschriften konnten eingehalten werden. Mit über 1500 Postings der Orgamäuse in den letzten 4 Wochen war der Ausstoß an Text so enorm angestiegen, dass Doppelmaus das eine oder andere Mal um Hilfe schreien musste. Da keiner der Akteure zur Administration der Mausgilde gehörte, zeigte sich deutlich, dass erweiterte Rechte, bei der Kommunikation im Mausforum, unabdingbare Voraussetzung für ein ordentliches Arbeiten sein müssten. Dieses Manko wurde in aller Stille durch Stefan die Schraubmaus und den Herrn Maus von und zu Mohrberg ausgeglichen. Doppelmaus, mittlerweile zum „Sir“ geadelt, erhöhte seine Rotationsgeschwindigkeit um das sechsfache, als sich die Ratten bei ihm meldeten und ihr Befremden darüber zum Ausdruck brachten, das sich eine Maus dort gemeldet habe, die mit der Sperrung der Anmeldeliste ganz und gar nicht einverstanden war. Erhebliche Unruhe war die Folge. Nach ein paar Telefonaten war die Sache schnell wieder aus der Welt. Da die Resonanz so gewaltig war und sich abzeichnete, dass diese Veranstaltung alle bisherigen Treffen in den Schatten stellen würde, dachte sich die Graumaus, das man dort auch Flagge zeigen sollte und bestellte kurzerhand bei der Majamaus eine Fahne mit dem Emblem der Mausgilde. Wir werden den Ratten schon zeigen wer wir sind und außerdem ist das eine hübsche Dekoration im zugesagten Festsaal, dachte sich, die mittlerweile von der Euphorie angesteckte, Altmaus.
Immerhin kaufen wir bei den Ratten ja unsere Wägelchen und jeder einzelne von uns musste für seinen Karren sehr hart und lange arbeiten. Zugegeben, die dort gebauten Wägelchen sind wirklich rattenscharf. Die Ratten wollen uns ja schließlich als zahlende Kunden behalten und werden daher auch ein Eigeninteresse daran haben. Soweit die Theorie! Zwischenzeitlich nahm auch die Rattizei Notiz von der Sache und sagte zu, die Mäuse auf ihrem Weg vom Museum zur Ratcity zu begleiten und die Strecke abzusperren. Graumaus schickt sogleich die Pläne mit der Wegbeschreibung an die Rennleitung. Wieder ein Punkt vom Tisch. Die Bitte der Doppelmaus um Unterstützung bei der Anfahrt wurde leider abgelehnt. Zeitgleich erhielt Mick the Rat, seines Zeichens Chef des Parkraums von Ratcity, die kompletten Pläne der Parade mit Aufstellanweisung für die Mausparade. Auf Nachfrage von Graumaus teilte Mick mit, das die Pläne so nicht zu realisieren seien, da der Platz kürzlich vollkommen neu gestaltet wurde, damit auch behinderte Mäuse bevorzugt parken können. Die Übersendung der geänderten Pläne dauerte nochmals 2 Tage und etliche Telefonate waren nötig. Die Zeit wurde knapp. Über Nacht musste der Plan geändert werden, denn schließlich waren noch mehrere hundert Mäuse zu informieren. Die Bestätigung dieser Pläne wurde komplett vergessen und man musste auf die Aussage vertrauen: „ Wir machen das schon“.
Zu allem Überfluss sagte Synchromaus per SMS bei der Graumaus seine Teilnahme ab, da er überraschend früher den geplanten Umzug aufs Land, realisieren könnte. Graumaus versprach das intern zu regeln, um die Doppelmaus nicht weiter zu belasten - und machte damit einen folgenschweren Fehler. In vorauseilendem Gehorsam meldete die Jokermaus sowohl sich als auch die Synchromaus bei der Doppelmaus ab, so das dieser nur endgültig den Überblick verlor. In dem Bewusstsein, an der vertrackten Situation nicht ganz schuldlos zu sein, entschloss sich Graumaus dazu, seinerseits die Teilnahme abzusagen, um so den versprochenen Platz für einen Nachrücker frei zu machen. Doppelmaus hatte ja zwischenzeitlich die frei werdenden Plätze an Nachrücker vergeben. Nach einigem Hin und her war dann die Situation geklärt und jeder der wollte, konnte auch mitfahren.
Die anderen Protagonisten widmeten sich voll ihren zugedachten Aufgaben. Immer neue Ideen wurden geboren. Die viel zu kleinen Postfächer der Akteure quollen über und über vor Anfragen, Ratschlägen und Hinweisen. Der halbe Tag ging bereits dafür drauf, um alles halbwegs zu lesen. Die magentafarbene Rattenkom freute sich über ungeahnt hohe Rechnungen. Hannomaus hatte sich mittlerweile dazu entschlossen seine kleine Druckerei zur Produktion von Teilnehmertickets auf 24 Stunden Betrieb umzustellen. Flehendlich bettelt er um Daten: Input, Input, Input!
Irgendwann in diesem Gewusel, es war so gegen halb zwei Uhr morgens, hatte unsere Mäuse die Zeit mal in sich zu gehen und das bisher Geschehene zu reflektieren. Dabei wurde den Hauptakteuren klar, dass sie im Moment für nichts anderes Zeit hatten als für dieses Ereignis. Ihre eigenen kleinen Geschäfte blieben verwaist liegen. Zudem wurde über die Kosten für Porto, Telefon und etlichen anderen Ausgaben bisher kein Wort verloren. Wie auch von Anfang an waren sich alle einig, dass es dies Wert sei und eine solche Diskussion jetzt nicht nutzbringend wäre. Mehr noch, es hatte niemand Lust darüber zu reden. Was bezahlt werden muss, muss bezahlt werden – und gut is! Tue Gutes und Rede darüber, einer der Weisheiten aus Graumaus bisherigem Leben als Nachrichtenverbreiter, durfte bei einem derartigen Auflauf nicht vergessen werden. Bereits durch das Trommeln im Mäuseforum warm geworden, wurden Texte verfasst, Bilder gesucht und alles für den Tag X vorbereitet. Da die Mausgilde ja nur zu Gast bei den Ratten in der Bullistadt waren, mussten die Ratten auch gefragt werden, ob man sie benennen durfte. Graumaus setzte sich mit dem Chefpropagandisten der Ratcity Dr. Schirmratt in Verbindung, der sich ein Vetorecht vorbehielt. Es wurde eine volle Unterstützung durch seine Abteilung zugesagt. Im Gegenzug erhielt die Ratcity alle Informationen vorab. Es sollte eigens ein Mitarbeiter für die Presse abgestellt werden und man wird seinerseits über den internen Verteiler für Verbreitung der Nachricht über die Veranstaltung sorgen. Soweit so gut, dachte sich Graumaus, aber eigentlich
interessiert sich niemand für ein Mäusetreffen, draußen in der großen Welt. Zu diesem Thema gibt es noch einen anderen Spruch, der sich auch hier bewahrheiten sollte:
Es gibt nicht Gutes, außer man Tut es – Selbst!
Frisch ans Werk wurden weitere Infos und Texte verfasst und ab da stand die Elektropost nicht mehr still. Über 100 Briefe trug Graumaus und seine Süssmaus zur Post. Das hatte sich mittlerweile auch bei den Mäusen herum gesprochen und einige Mäuse kamen von sich aus auf die Graumaus zu und boten ihre Hilfe an. Dieser Eifer wurde dann auch belohnt.´
Die Freude darüber erhielt schnell einen Dämpfer als man bei den Ratten nachfragte, was denn nun veranlasst worden wären. Stolz präsentierten ihm die Ratten einige Zeitungsausschnitte, deren Texte unserer Graumaus sehr vertraut waren. Auf heftiges Drängen hin, erhielt die Graumaus eine Kopie des Textes aus der Ratcity. Dieser war ihm auch wohl vertraut. Es fehlte jedoch jeglicher Hinweis auf die Gilde. Als sich dann ein Journalist bei der Graumaus beschwerte, das man in der Ratcity so gut wie nichts von dieser Veranstaltung wüsste, nahm die Graumaus das zum Anlass sich seinerseits bei Dr. Schirmratt zu beklagen. Letzterer sagte Besserung zu und verwies wiederum auf die eigens dazu abgestellte Mitarbeiterin. Die Museumsratte dagegen hatte, aus eigenem Antrieb heraus, einen Bericht auf die Internetseite gestellt, worüber sich die Graumaus sehr freute. Des Geplänkels Leid, schob die Graumaus das ungute Gefühl beiseite, freute sich über die Reaktionen und konzentrierte sich auf den unmittelbar bevorstehenden Tag X. Dieses ganze hatte nun schon weite Kreise gezogen und blieb dem Gründer der Gilde nicht verborgen. Kurz entschlossen griff er zum Telefon und rief die Graumaus an: „ Hallo, hier ist T. J. Obermaus“, schallte es sanft aus der Muschel. T.J., wer?“ entgegnete die Graumaus, in der Annahme, das ein weiterer Ratschlag auf ihn einprasseln würde.
„Ich bin der Gründer der Gilde und Betreiber des Forums“, entgegnete dieser verständnisvoll. Die Graumaus hatte bereits im Buschfunk vernommen, das die Gründermaus auch dabei sein wollte und hatte bereits dafür einen, der mittlerweile raren Plätze reserviert. Schnell kam man ins Gespräch, wobei es der Gründermaus darum ging, wer hinter der ganzen Aktion steckt und was damit bezweckt werden sollte. Anfängliche Unklarheiten waren schnell ausgeräumt und das Gespräch entwickelte sich zu einem regen Gedankenaustausch über die Gilde und seine Mitglieder. Einige Stunden und diverse Rauchwaren später, hingen die Öhrchen der Graumaus bis auf den Fußboden herunter und die Maus viel erschöpft ins Bett. An Arbeiten war in dieser Nacht nicht mehr zu denken. Viel war nicht mehr zu tun. Nur noch der Termin bei Oli Surfmaus, der den Kontakt zu einer erfahrenen Kameramaus vermittelt hatte. Die Kameramaus hatte Lust darauf, seine Erfahrung und sein Wissen mit in die Wagschale zu werfen und erklärte sich bereit das Konzept auf dem neuesten Stand der Videotechnik zu verewigen. Nach dem Besichtigen einiger seiner Arbeiten war klar, das man sich diesbezüglich beruhigt zurücklehnen konnte. Mittlerweile waren alle Tickets gedruckt, die Listen geschlossen und die Nachrücker benachrichtigt. Es konnte los gehen.
Kapitel 2
Der Tag
begann für Maxi Graumaus eigentlich am 1o. Februar. Eifrig den Wetterbericht verfolgt. Alle Mäuse an zeitiges zu Bett gehen erinnert, Doppelmaus angerufen und um 9 Uhr ins Bett. Und das war es dann auch schon. Der Kopf wollte einfach nicht aufhören zu arbeiten. Verschiedenste Katastrophenszenarien durchgespielt, Strategien bereit gelegt, aufgestanden, um etwas zu essen, die unvermeidlichen Glimmstängel geraucht. Um halb Drei schaute die Graumaus das letzte Mal zur unerbittlich tickenden Uhr. Einen Wimpernschlag später spürte er die sanfte Hand der Süssmaus auf seinem Arm. Das muss wohl ein Traum sein, dachte er bei sich und beschloss in den Remschlaf über zu gehen. Nach einigen Schüttelattacken und einem etwas lauteren „ Mausi“ öffnete die Graumaus die Augen und sah die entzückende Süssmaus, bereits fertig angezogen mit sanftem Lächeln, über seinen müden Knochen. “Jetzt musst Du aber aufstehen“, mahnte sie sanft, um sich sogleich dem bereits duftenden Kaffee zu widmen. Da war sie wieder, die gemeine To Do Liste. Alles andere verzehrend hämmerte sie durch den Kopf und unablässig fragend: was fehlt? woran hast Du nicht gedacht? Unfähig auch nur eine Frage im Ansatz zu beantworten spulte die Graumaus das morgendliche Ritual ab. Das Wägelchen ist gewaschen, das Kamerastativ montiert, die Brote sind gemacht, die Festkleidung liegt bereit, die Brille um den Hals und und und.
Zuerst wollte die Maus noch einmal in den Computer schauen, verwarf diesen Gedanken gleich wieder. Du warst ja erst um halb Drei vor der Kiste. Und wenn es etwas Neues gibt, kann man eh nichts mehr ändern, sagte sie zu sich selbst. Nach 4 Tassen Kaffe und 3 Zigaretten machten sich die Beiden wortlos auf den Weg zu dem am Vortag fertig gepackten Wägelchen. Es war glatt und nass. Na, das fängt ja gut an, dachte sich Graumaus. Zu diesem Zeitpunkt war nicht festzustellen, ob die eisige Kälte nun von innen kam oder auf das Wetter zurück zu führen sei. Die Maschine wurde angeworfen und da war es. Die Tankleuchte blinkte ihn frech an: Ich hab Dich; Ich hab Dich dran gekriegt. Das war es nun, das bei aller Akribie den Bach runter gegangen war. Er hörte sich selbst „Volltanken nicht vergessen – der Konvoi wartet auf niemand“. Mittlerweile Weile war es 5.45 Uhr und es wäre zu schaffen gewesen – ohne Tankstop! Graumaus, der Unpünktlichkeit verabscheut und immer eher zu früh als zu spät zu einer Verabredung kommt, haderte mit sich und der Welt. Mach mal den Funk an, bat er die Süssmaus. „Wie geht denn das?“; kam ihm prompt entgegen. Süssmaus hatte genauso wenig eine Ahnung vom CB Funk wie die Graumaus. Erst mal den Stecker in die Steckdose. Gesagt, getan. Das Gerät antwortete mit einem ohrenbetäubenden Pfeifen, gefolgt von Rauschen, dann war Ruhe.
Welcher Kanal? „Schau doch mal in den Plan“. „ Und wo ist der?“ „Na in der Mappe“. “Und wo ist die?“. Der klassische KO - Dialog am frühen morgen! Das Ding blieb aus! 5.59 Uhr! Das Handy klingelt. „Welcher Idiot ruft um diese Zeit an?“ Dachten beide im Gleichklang. Von der Gilde kann es eigentlich niemand sein, denn Graumaus hatte sich extra dafür eine eigene Nummer besorgt und es auch allen anderen mitgeteilt. Beherzt griff Süssmaus in Graumaus Tasche; die Freisprecheinrichtung war ja durch das Tourgerät blockiert. „Ja? – Hm – sind unterwegs“. Wer war das, fragte die Graumaus seine etwas grimmig drein schauende Partnerin. „ Ich bin nicht sicher, aber ich glaube das war Stepmaus – die Speiche“ antwortete die Süssmaus. Ring, Ring 6.02 Uhr : „ Hier ist Oli Surfmaus, wo bleibt ihr denn?“ Während die Süssmaus beteuerte, das man just in diesem Moment auf den verabredeten Parkplatz einbog, glotze Graumaus völlig entgeistert auf den sich vor ihm erstreckenden Parkplatz. Leer, kein Wägelchen zu sehen. „Wo seid ihr denn“ fragte die Süssmaus und bekam zur Antwort: „ Wir sehen Euch“. Toll, dachte die Graumaus. Jetzt erst mal schnell den Sprit fassen und dann Volldampf hinter her. Surfmaus, immer noch in der Leitung: „Wir stehen hier vor der Kneipe an der Spinnerbrücke“. Dankdeckel zu und Vollgas um die Kurve.
Da war sie nun, die ganze Mäusebande und feixten um die Wette. Gleichzeitig erbost, ob des eigenmächtigen Verlegens des Treffpunktes, aber auch fasziniert vom Anblick des Mäusekonvois fiel die Begrüßung recht spärlich aus. Alle grinsten wie blöd und Graumaus war sicher, das er diese Story noch die nächsten Jahre zu hören bekommen wird. Los ging es zum ersten Stopp in Mausendorf. Inzwischen war auch das Funkgerät einsatzbereit und der Track pendelte sich ein. Nach wenigen Minuten klingelte schon wieder ein Telefon. Diesmal das richtige. Sehr gut, dachte die Graumaus, um Sekunden später von der Massenmaus zu erfahren, das die Mäuse aus Sachmausen und der Maussitz im Schneegestöber stecken geblieben waren. Damit war der Treff nicht zu halten und man kam überein, dass man es bis zum Rasthof Börde bei Mauseburg aufholen würde. Der Trupp fuhr entsprechend langsam. In Mausendorf wurden weiter Mäuse eingesammelt. Gemächlichen Tempos ging es nun in Richtung Mauseburg. Genug Zeit zum Filmen der fahrenden Kolonne. Fasziniert von dem Anblick der sich endlos in gleichem Abstand bewegenden Wägelchen der Gilde, stellte sich der erste Moment der Befriedigung ein und die Vorfreude brach durch. Während der Konvoi über die glatten Strassen rollte, gab es immer wieder Zwischenberichte der Massenmaus über die Aufholjagd. Kurz vor dem Zwischenziel war es geschafft! Wir sind fast dran, verkündete die Leymaus
stolz. Auf dem Rastplatz erwarteten die Gruppe bereits die Süd- und Mittelländer Mäuse. Eine willkommene Pause. Einige der Mäuse mussten dringend zum Entwässern. Wassermausi´s Kugel erntet bewundernde Blicke, ob der Tatsache, das sie ihr Junges noch im Bauch mit auf die Reise nahm. Süssmaus tauschte ihren Platz mit der Kameramaus, da nun die Aufnahmen für die Fahrszenen geplant waren. Aufgrund des immer noch eisigen Windes und des mit Schnee vermischten Regens, war es mit den Open Air Aufnahmen Essig. Nichts desto trotz wurden sowohl die Abfahrt und der Konvoi ohne verregnete Scheiben davor gedreht. Die Kameramaus, doppelt bemützt, vollführte dabei beachtliche Körperübungen in dem kleinen Wägelchen. Die Kamera bestimmt nun das Tempo. Man verabredete sich auf einem der nächsten möglichen Raststellen, um dort wieder die Plätze zu tauschen. Nach zwei rasanten Vorbeifahrten bog die Graumaus auf den Parkplatz ein und wartete auf die Surfmaus. Leider fuhr dieser ganz hinten im Konvoi, so dass einige Zeit verging. Stepmaus hatte während dessen die Führung übernommen. Noch in Führung liegend fragte er seinen Beifahrer, die Tommymaus, nach der richtigen Ausfahrt. Keine Ahnung war die Antwort. „ Steht doch auf der Anfahrtsbeschreibung“ entgegnete die Speiche. Zettel wurden gewälzt. Verhaltenskodex, Programm und Parkplatzskizze – aber keine Anfahrtsbeschreibung!
Während sich die beiden ratlos in die Augen schauten, fuhren sie auch schon an der Ausfahrt vorbei. Nun überschlugen sich die Ereignisse. Immer noch nach Luft ringend und ohne Funk unterwegs, wurden sie von der Graumaus überholt. Diese hatte ihrerseits die Ausfahrt verfehlt, da das kleine Wägelchen nicht an der endlosen Bullischlange vorbeiziehen konnte. Die ganze Szenerie beobachtete die Pflegemaus, die an der Ausfahrt mit den Mäusen aus Braunmaus wartete. Geistesgegenwärtig registrierte die Pflegemaus, das hier etwas nicht stimmen konnte und gab kurzentschlossen Vollgas und führte den Trupp an die Kolonne heran. Links die Graumaus im Tiefflug, Rechts auf der Auffahrt die Pflegemaus mit den Braunmäusen und auf der Gegenspur ein schier endloser Trupp von Nordmäusen in Ihren Wägelchen, die ihrerseits die richtige Ausfahrt verfehlt hatten. Das war zuviel für die Stepmaus, die spontan beschloss, jegliche Überlegung einzustellen und einfach der Graumaus hinterher zu fahren. Dieses Unterfangen wurde je durch eine mächtige Erschütterung unterbrochen als die Pflegemaus und die Zaudermaus mit den Pfoten nahe am rechten Scheinwerfer an ihm vorbeizogen. Die Pflegemaus überholte gleich noch die Graumaus und die Zaudermaus setzte sich zwischen die beiden bis dahin führenden. Graumaus bekam einen mächtigen Schreck. Das kleine Wägelchen wurde gerade von 2 mächtigen Bullis eingequetscht. Da die Pflegemaus als ortskundig bekannt
galt, fand sich Graumaus damit ab und trottete brav hinter dem roten Riesen hinterher. Mal hören was los war, dachte sich die Graumaus und fragte über den Streckenfunk. Die Pflegemaus, bekannt für ihre ohnehin kurzen Sätze, versenkte nun auch noch die andere Hälfte der Informationen im Funkgestöber. Der Versuch Klarheit in die Angelegenheit zu bringen, in dem die Zaudermaus, mit ihrer verstärkten Funkanlage, die Koordination übernahm, scheiterte kläglich. Leider war die Sendeleistung so hoch, das außer einen unverständlichen, übersteuerten Brabbeln nichts zu verstehen war. Umschalten auf Kanal 24, dem Kanal der Bullistadt, war die Anweisung. Graumaus an Funkmaus – nichts! Graumaus ruft Funkmaus – Zaudermaus Funke krachte herein – Verständigung zwecklos. Also, musste das Telefon herhalten. Anruf bei der Funkmaus: „ Hier Mäusezug Ost, wir sind soeben in Bullistadt angekommen. Bitte um Anweisung!“ Erst einmal gar nichts. Ungläubig schaute die Graumaus auf das Handy und vernahm dann die Funkmaus: „ Öhmm, ich bin noch gar nicht da, stecke im Wetterchaos fest. Aber die Schraubmaus ist schon vor Ort“.
Graumaus, in Sekunden um Jahre gealtert, malte sich schon unbeschreibliche Szenen von sich prügelnden oder vor dem Tor verhungerten Mäusen aus. Die Anzahl der von der Rattizei verteilten Strafzettel nahm astronomische Höhen an. Rette was zu retten ist, sagte sich die Graumaus und übernahm wieder die Führung. Punktlandung um 9.30 Uhr vor dem Tor. Aus allen Richtungen sah man die Bullis kommen. Zwar kam kaum einer aus der vorgesehenen Richtung, aber sie waren da, die Mäuse. Am Tor erblickte Graumaus als erstes die Schraubmaus, deren Haut bereits die Farbe seiner Bluebox angenommen hatte. War es nur die Aufregung oder wackelte die Schraubmaus mit seiner Schnullimaus tatsächlich so umher? Es war schließlich immer noch saukalt.
Ein Wägelchen nach dem anderen füllte den Parkplatz, während sich einige Fahrer an der Ampel bereits die Karten legten und über ein zweites Frühstück nachzudenken begannen. Die Pflegemaus unterstützte die Schraubmaus beim Einweisen der immer zahlreicher werdenden Wägelchen. Die Tommymaus gab bereits ein ersteres Interview. Alles lief. Ein Bulli, schöner als der andere kam an die Einfahrt. Es wurde geknipst was das Zeug hielt. Süssmaus machte sich unterdessen, so wie es ihre Art ist, erst mal ans bezahlen. Brav ging sie zur Museumskasse, wo ihr die Museumsratten bereitwillig zwei Einzeltickets verkauften. Zurück mit den Eintrittskarten staunte Graumaus nicht schlecht, war doch von Umhängeticket mit Namen die Rede gewesen. Ein kurzer Blick in die Runde genügte, um festzustellen, dass sich Hannomaus an einem Tisch hinter den Fahrradständern verzogen hatten und fleißig die richtigen Ticket an die Teilnehmer verteilte. Innerhalb von Minuten bildete sich eine Schlange wie bei einem Konzert der „ Toten Mäuse“. Also wieder zurück mit den falschen Karten und in die richtige Schlange gestellt. Graumaus bekam von all dem wenig mit und war mit dem Ordnen des Equipments und dem Begrüßen der anderen Mäuse vollends beschäftigt. Plötzlich sah er wie sich eine, mit einer dicken blauen Steppjacke verhüllte Maus über die Süssmaus beugte und
diese heftig an sich drückte. Der Puls auf 300, die kleinen Fäuste geballt und wild entschlossen sein Leben gegen das blaue Ungeheuer einzusetzen, erblickte er in letztem Augenblick, kurz vor der nun unvermeidlichen Attacke, das aus dem blauen Etwas der Kopf der Zaudermaus heraus lugte. Der Blutdruck senkte sich auf erträglich 30 Prozent über normal und alles war im Lot. Mittlerweile war auch die Funkmaus eingetroffen und stellte befriedigt fest, dass es einigermaßen glatt lief und widmete sich dann dem filmischen Dokumentieren der anreisenden Mäuse. Ein wildes Hallo hier und ein Küsschen da. Die Gemeinde war voll in ihrem Element. Wie von selbst strömten nun einzelnen Gruppen ins Museum und die Museumsratten hatten ihren Auftritt. Begeistert von dem regen Interesse führten sie die Gruppen durch die historische Ausstellung. Während draußen der Verkauf der Karten noch lief, war drinnen bereits die erste Gruppe durch. Die geplante Aufteilung der Gruppen erwies sich als hilfreich, konnte jedoch nicht durchgehalten werden.. Einige Mäuse beschlossen aufgrund der Fülle den Rundgang lieber allein zu absolvieren. Die Geschichte der Rat AG war eindrucksvoll dokumentiert und man sah dort neben vielen Klassikern auch Prototypen, die nie in Serie gebaut wurden. Maxi Graumaus, als Frischluftfanatiker bekannt, machte sich sofort auf die Suche nach dem Gefährt seiner Träume, dem offenen Bulli. Am Objekt der Begierde angekommen, zeigte sich schnell, dass der Plan, dieses Gefährt aus der Rattenstadt entführen zu können,aussichtslos war. Aber einmal darin zu sitzen lies sich die Graumaus nicht nehmen. Mittlerweile entspannt, schlenderten Graumaus und seine Gefährtin locker durch die Halle, begrüßten weiter Freunde und genossen die schönen Wägelchen. Etwas versteckt trafen sie auf die Doppelmaus, dem man zuvor auf dem Parkplatz noch ansah, dass die letzten Tage ziemlich hart gewesen sein mussten. Die große Maus hatte sich verändert. Sie sah aus wie ein Jüngling und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Ein besonders schöner Oldie, in Pastelltönen gehalten mit weißer Lederausstattung, hatte ihm dieses Grinsen ins Gesicht gemeißelt.
Die Zaudermaus verewigte sich und die Gilde auf allem, was man straflos beschreiben konnte. Alle anderen waren hauptsächlich damit beschäftigt, die ausgestellten Wägelchen aus allen nur denkbaren Perspektiven in die Fotoapparate zu bekommen. Das ganze war sehr gelungen und alle Mäuse hatten viel Freude. Es war nun an der Zeit, die großer Parade in Angriff zu nehmen. Graumaus hatte alles gesehen und die Sucht forderte ihren Tribut. Wieder draußen kam gerade die Rennleitung an. Nicht der erwartete Typ 4 stand auf dem Platz, sondern ein Modell 5, gefolgt von einem uralten Modell Wüstenwind. Nach der kurzen Begrüßung stellte sich heraus, dass die Besatzung der Rennleitung überhaupt nicht wussten, was sie eigentlich hier machen sollten. Zum Glück hatte Graumaus noch eine Kopie der Anfahrtspläne mit und so wurde den Rattizisten erklärt wohin die Fahrt gehen sollte und das die Kreuzungen abgesperrt sein müssten. Als gerade die Aufstellung und die Reihenfolge erklärt wurde, mischte sich eine junge Reporterin der Rattenzeitung in das Gespräch und bat darum die Parade fotografieren zu dürfen. Die gerade besprochene Aufstellung wurde sogleich in die Tat umgesetzt. Das Verdeck von Graumaus Wägelchen wurde umgeklappt. Zum Glück schneite es nicht mehr.
In Windeseile nahm die Kameramaus mit im Wagen Platz. In all der Hektik vergas die Graumaus auf den Startknopf der fest installierten Kamera zu drücken, so dass dieser Plan hinüber war. Kaum in der Startaufstellung angekommen, fuhr die Rattizei auch schon los. Zwischen den mit Blaulicht fahrenden Rattizisten und dem Kamerawagen drängte sich nun noch der Wagen der Fotoreporter. Das Gefährt aus Sternstadt schlängelte sich hin und her auf der Suche nach der besten Einstellung. Auf dem Parkplatz entstand dadurch eine gewisse Panik und alles sprang in die Wägelchen, um nur den Anschluss nicht zu verpassen. Obwohl die Parade im Schritttempo in Richtung Ratcity unterwegs war, konnte der Anschluss nicht ganz gehalten werden. Dies lag zum einen daran, dass eine Kreuzung nicht rechtzeitig abgesperrt wurde und zum Überfluss auch noch ein Krankenwagen mit Blaulicht die Perlenschnur durchtrennte. Vorn ging man davon aus, dass bei einer Kolonne mit Rattizeibegleitung rote Ampeln kein Grund zum Anhalten sein würden. Diese Annahme erwies sich als falsch, denn das hatte sich nicht zu allen herum gesprochen. Die Bewohner von Bullistadt staunten nicht schlecht als die Reihe der Wägelchen kein Ende nahm. Insgesamt 153 Wagen erreichten den Parkplatz von RatCity. Wodurch diese wundersame Vermehrung stattgefunden hat, wird wohl immer ein Rätsel bleiben.
Kapitel 3
Von Ratten und Mäusen
Begrüßt von einigen Neugierigen erreichte Graumaus die Einfahrt und gab Gas. Fuchtelnde Hilfsratten ignorierend sprintete er auf seinen Platz, um die besten Bilder für seine an Board befindliche Kameramaus zu ermöglichen. Eine schnelle Wende, ein Hechtsprung zur Kamera, auf den Auslöseknopf gedrückt und fertig. Die ersten Wägelchen waren bereits vorbei gerollt als der Apparat endlich surrte. Es sah einfach fantastisch aus. Ein Wägelchen nach dem anderen zog an ihm vorbei und er musste einfach die Fahne der Kugelmäuse dem anreisenden Mäusevolk entgegen halten. Die zur Begrüßung bereitstehen Blondie Schauenrat aus der RatCity grinste, offensichtlich beeindruckt von dem Schauspiel der Mäuse. Mick the Rat, seines Zeichens Herr über den Platz, machte das was er immer tat - seinen Job. Ungeachtet aller Absprachen wiesen seine Helfer die heranströmenden Mäuse in die Nebenwege ein. Dies hatte den Effekt, dass nicht alle Wägelchen auf dem Film zu sehen sein werden. Dieser Umstand und die fehlende Absperrung, veranlassten die Graumaus zu einem Gedanken aus seiner Lieblingsserie:
Ein Vertrag ist ein Vertrag – ist ein Vertrag – aber nur zwischen Ratten!
Der Aufmarsch erstreckte sich so über gute 30 Minuten. Während die ersten Mäuse bereits an der Futterluke Platz genommen hatten, kamen die letzten gerade an.
Auf dem Platz wurden die ankommenden Teilnehmer von der Gö-Maus mit leckeren Bullikeksen gefüttert. Während Graumaus zusammen mit der Süssmaus die Fahne der Gilde hoch hielt, nebenbei einen Seitenblick für die offen herumliegenden Wertsachen riskierte, und dabei auch noch von einer weiteren Reporterin interviewt wurde, dachte er bei sich, dass er dafür eigentlich schon zu alt wäre. Die von den Ratten versprochene Pressebetreuerin war schlichtweg nicht da.
Hasimaus und Ergermaus hatten ein Einsehen, mit der, immer noch im Interview gefangenen, und vor sich hin plappernden, Maus und übernahmen die Fahne. Trotz dieser Entlastung erzählte Graumaus der Reporterin alles was diese hören wollte, jedoch ohne die blasseste Ahnung, was er dort von sich gab. Das Unterbewusstsein übernahm die Regie. Während sich Maus auf Maus auf dem Weg zum Futter machte, war noch der Termin auf dem Dach zu absolvieren. Schnell das Wägelchen zugeklappt und die Kamera unterm Arm, trabte die Graumaus hinter Blondie Schaumrat her. Auf den Balkon, abgedrückt und fertig. Umringt von Fotografen saßen währenddessen die Doppelmaus, Dojomaus, der Chef von Mäuse for Kids, und Blondie Schaunratt um einen Tisch herum und regelten das finanzielle. Da die Summe nicht unerheblich war, strahlte die offizielle Seite der RatCity und spendete den Teil, der für die kleinen Mäuse zu berappen war, dem sichtlich erfreuten Chef der Mäuse for Kids.
Graumaus war erleichtert, dass er mit diesem Teil nichts zu tun hatte, denn Geschäfte mit den Ratten sind der Sache seiner nicht. Es folgte eine Odyssee durch die geheimen Gänge der RatCity hin zum Restaurant RatLounge, wo sich bereits die ganzen Mäuse versammelt hatten. Hoch über dem Restaurant zu der eine lange Rolltreppe hinab führte, sah man unten bereits die Mäuse, emsig dabei, sich die Bäuche voll zu schlagen. Auf dem mehr als 2 Minuten dauernden Weg nach unten wurde Graumaus klar, das dies nicht der Vorraum, sondern der versprochene Saal sein musste. Ein schickes Anbiete, bestehend aus Stehtischen, Tresen und Kaffeehaustischen, unterteilt in diverse Abteilungen machten schlagartig klar, dass die so sorgsam und mit vielen Überraschungen vorbereitete Feier so nicht stattfinden können würde. Auf der Suche nach der Süssmaus musste die nächste bittere Pille verdaut werden. Offensichtlich war niemand von den Ratten über das geplante Fest informiert worden. Der Tisch von Doppelmaus und Graumaus stand abseits in einer Ecke, wo wirklich niemand irgendetwas von den Reden hätte mitbekommen können. Der Puls hatte den am Vormittag erreichten Spitzenwert längst hinter sich gelassen und alles bis dahin gelernte war wie weggeblasen. Schlimmer hätte es nicht kommen können. Es kam aber noch dicker. Die Fahne mit dem Emblem der Mausgilde sollte wenigstens irgendwo zu sehen sein. Das wurde von den Ratten kategorisch untersagt.
Während die einen schon mit dem Essen fertig waren standen die anderen Mäuse noch in der Schlange der Essensausgabe. Das Ganze wirkte wie eine Mischung aus Werkskantine und Airportlounge. Inmitten dieser bizarren Atmophäre nahm die Ladymaus, die verzweifelt nach Luft ringende Graumaus unter ihre Fittiche und flößte ihm erst einmal einen großen Kaffee ein. Doppelmaus, immer besorgt um den Zeitplan, drängte zur Eile. Unfähig auch nur einen Bissen zu sich zu nehmen, beschloss Graumaus nun, koste es was es wolle, die Sache zu Ende zu bringen. Alle Proteste ignorierend, breitete er die Fahne über den am Eingang stehenden Garderobentisch aus und sprang mit dem zwischenzeitlich organisierten Mikrofon der Durchsageanlage auf den Tisch. Das Geschenk für seinen Freund in der Hand und Bruchstücke des Geplanten im Kopf, legte die Maus los und improvisierte was das Zeug hielt. Die versammelte Mausschaft hörte ihm aufmerksam zu. Keiner merkte, dass er um Haaresbreite beinahe den Faden verloren hätte. Erst als er das Geschenk für Utamaus ankündigen durfte und in das völlig überrascht drein schauende Gesicht einer Teenagerin vor der ersten Verabredung blickte, war ihm besser. Er wurde sich bewusst, das er den Dank an die vielen vielen Helfer nicht vergessen hatte, was ihm unheimlich wichtig war. Seinetwegen konnte man ihn jetzt verhaften.
Jetzt was „Sir“ Doppelmaus an der Reihe, der sich mehr über das Geschenk für Utamaus als über sein eigenes freute. Graumaus machte sich während dessen nur Sorgen darüber, das sein knurrender Magen die Ansprache würde stören können. Ruhig und gelassen dankte Doppelmaus den Anwesenden und allen Beteiligten. Er bedankte sich artig bei den Ratten für die gelungene Zusammenarbeit und gratulierte dem Herrn Maus von und zu Mohrberg zum 49sten Geburtstag. Das darauf folgende Ständchen von fast 400 quickenden Mäusen hatte schon etwas sehr eigenes. Im Anschluss daran erläuterte Dojomaus den Sinn und Zweck der Mäuse for Kids. Überwältigt von den unerwartet hohen Einnahmen und etwas nervös, konnte die Maus nicht von ihrem Manuskript abweichen und referierte in langen sich immer mehr verschachtelnden Sätzen über sein Anliegen und merkte dabei nicht, das die Mausprinzessin ihr berühmtes, immerwährend, breites Lächeln bereits gegen eine Stenotypistinnenmine eingetauscht hatte. Und wäre da nicht der Ableger von Mausilinchen um das Pult herum gekrabbelt, hätte die Graumaus der obersten Kidsmaus sicherlich in die Wade gebissen. Doppelmaus gab letzte Anweisung für die Besichtigung der RatCity. Die Ratten machten das was sie am liebsten tun, nämlich Mäuse durch Kassenautomaten zu schleusen.
In der wirklich imposanten großen Halle von RatCity versammelten sich die Mäuse und wurden von einer Schar von Nachwuchsratten im Empfang genommen. Jetzt sollte es in kleinen Gruppen durch die City gehen. Erster Programmpunkt war das Zeithaus, ein sehr gelungener Abriss über die Geschichte der Rattenindustrie und der Bedeutung der Rat AG. Während einige der Rattenguides, Interessantes zu berichten wussten, beschränkten sich andere auf das Rezitieren der, an den Ausstellungsstücken befestigten, Tafeln. Das Wetter draußen wurde immer schlechter. Es goss in Strömen und die Mäuse gingen mehr und mehr dazu über ihre eigenen Wege zu suchen und den Rest der Attraktionen, abhängig von der ihnen verbliebenen Restenergie, zu erkunden. Graumaus war das alles ziemlich egal. Er freute sich darüber das die Süssmaus ihr Lieblingswägelchen im Zeithaus entdeckte und ihren Spaß hatte. Er wollte nur noch den nagelneuen Mausdi Sportwagen der Rat AG und die Lastwägelchen Abteilung besichtigen.
Auf dem Weg dahin begegnete man eigentlich nur Besuchern, die mit einem Schild der Mausgilde herumliefen. Mann hatte das Gefühl die RatCity sei voll in der Hand der Mäuse. Kurz um, der Supersportwagen war nicht da und bei den Lastwägelchen waren neben viel Dekoration nur zwei eher langweilige Modelle neuster Bauart zu sehen. Der Regen verdichtete sich zu einem Unwetter. Bar jeder Restenergie zog sich Graumaus und Süssmaus in ihr eigenes kleines Gefährt zurück und experimentierte mit einem mitgebrachten hartgekochtem Ei. Als selbiges seine Speiseröhre passierte und im Magen ankam, dachte er, es wäre bereits 1949 gekocht worden, dem Jahr in dem das erste Transportwägelchen gebaut wurde. Massen an Mäusen zogen an ihnen vorbei, auf dem Weg zurück in Ihre eigenen Wägelchen. Die meisten sahen erschöpf aber glücklich aus. Und als dann auch noch der Gründer T. J. Obermaus, trotz heftiger Kopfschmerzen, zur gelungenen Veranstaltung gratulierte, wusste die Graumaus, dass es doch ganz gut gelaufen war.
Die zweieinhalb Wassermäuse, Stepmaus und Tommymaus waren gerade auf dem Platz angekommen und man beschloss unter der Führung der Stepmaus zusammen zum Rastplatz Börde zu fahren und dort noch einen Kaffee zu trinken. Angesichts der Erfahrungen auf der Hinfahrt wollte die Stepmaus nichts mehr dem Zufall überlassen und gab das Ziel in sein Navi ein. Letzteres führte dazu, das man über sämtliche Dörfer in der Umgebung von Bullistadt bei strömendem Regen fahren musste, was insbesondere der Wassermaus am Ende einiges abverlangte. Aus dem geplanten Kaffee wurden zwei Tassen köstlicher heißer Schokolade. Blitzlichter des Tages passierten Revue. Es war unheimlich schön von Freunden umgeben zu sein. Jetzt war auch die Anspannung aus der Graumaus entwichen. Mit dem verlockenden Gedanken wieder ein Privatleben zu haben donnert die kleine Maus mit leicht überhöhter Geschwindigkeit von dannen ohne sich noch einmal umzudrehen.
Epilog
Während die Raten bereits am Montag in ihren üblichen grauen Trott zurück verfallen sind und der Umsatz alles Handeln und Denken bestimmt, tanzen die Mäuse noch immer auf den Tischen und freuen sich ihrer selbst. Die Neuzugänge in der Gilde sprechen eine deutliche Sprache. Wenn man bedenkt das diese Power aus einer Idee entstehen kann, braucht man nicht mehr neidisch auf die Ratten zu schauen. Irgendwie haben die Mäuse dabei doch das bessere Ende erwischt.
© ppa berlin 2007